Rezension zum Buch „Sonntagsarbeit“ von Christiane Müller

In „Sonntagsarbeit“ berichtet Christiane Müller über ihren Alltag als Pfarrerin. In meist kurzen Geschichten und Anekdoten lässt sie uns teilhaben an den Freuden und Leiden dieses Berufes. Mit viel Humor, einem ausgesprochenen Sprachwitz und einer guten Portion Selbstironie gibt sie uns Einblick in oftmals kuriose Situationen ihres Pfarramtsalltages: Die vielen Geburtstagsbesuche, die unbedingt erwartet werden, der Kirchenvorstand, der die neue Pfarrerin beim Begrüssungsapéro fast ignoriert, die Schulklasse, die ihr den letzten Nerv raubt. Oftmals kommt man beim Lesen ins Schmunzeln, manchmal möchte man den Kopf schütteln oder auch laut herauslachen. Ganz offen und ungeschminkt berichtet Christiane Müller auch von eigenen Fehlern und Peinlichkeiten, die ihr passiert sind. Bei aller Ernsthaftigkeit, die dem Pfarrerberuf zu eigen ist, bekommt man den Eindruck, dass vieles auch einen gewissen Humor verträgt. Oder dass sich manche Dinge überhaupt nur mit einer guten Prise Humor aushalten lassen. Dazu zitiert Christiane Müller eine Kollegin mit dem treffenden Satz: „Humor ist, wenn man trotzdem Christ bleibt“.

Doch neben all der Situationskomik versteht es die Autorin auch, leise, feinfühlige und nachdenkliche Töne anzuschlagen. Zum Beispiel wenn sie über ihr fast freundschaftliches Verhältnis zum Tod spricht. Oder von ihrer Zeit im Kloster, von ihrer Spiritualität und der Suche nach ihrer eigenen Berufung. Oder wenn sie uns an bewegenden und berührenden Lebensgeschichten ihrer Mitmenschen teilhaben lässt.

Beim Lesen wird deutlich, dass Christiane Müller ihren Beruf liebt und gleichzeitig an den Umständen ihrer Arbeit leidet: An Engstirnigkeit und Kleinkariertheit im kirchlichen Umfeld, an der übergrossen Arbeitsbelastung, an den Arbeitsbedingungen, die kaum Freizeit und Privatleben zulassen. So stimmt das Ende des Buches auch nachdenklich und fast ein bisschen traurig: Nach zwölf Jahren im Pfarramt mit zwei Stellenwechseln fühlte Christiane Müller sich „ausgelutscht“, bekam psychosomatische Beschwerden und beschloss, zumindest vorläufig aus dem Pfarramt auszusteigen. Sie ist nun für zwei Jahre beurlaubt, ihre berufliche Zukunft ist offen.

Insofern hat dieses Buch auch eine kirchenpolitische Dimension. Es stellt sich die Frage, wie lange die Kirche es sich noch leisten kann, solch motivierte, begabte und kompetente Leute durch unzeitgemässe Arbeitsbedingungen zu vergraulen.

„Sonntagsarbeit“ ist ein Buch für alle, die einmal einen Einblick hinter die Kulissen eines Pfarramtes werfen wollen sowie für Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich wohl in einigen der Erzählungen wiederfinden werden. Die gute Mischung aus geschliffener Sprache, Humor und Nachdenklichkeit machen die Stärke dieses Buches aus. Es ist wirklich ein Buch über „gelebtes Leben“, wie es im Klappentext heisst.

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