Ich habe im Dezember Geburtstag. Also mitten in der Adventszeit. In meiner Kindheit gab mein Geburtstag dem Advent noch einmal einen besonderen Glanz, machte die Zeit für mich noch spannender und schöner. Aber es gab auch Nachteile. Geschenke bekam ich nur im Dezember, kurz nacheinander oder auch „zum Geburtstag und zu Weihnachten zusammen“. Wünschte ich mir zu Beginn des Sommers ein neues Fahrrad, musste ich bis in den tiefsten Winter darauf warten. Meine Eltern waren da strikt.
Heute erlebe ich den Advent anders als früher, nämlich als sehr intensive und vor allem auch arbeitsreiche Zeit. Für Pfarrerinnen und Pfarrer ist im Dezember aus wohl bekannten Gründen Hochbetrieb. Auch für Familienmütter und –väter ist die Zeit intensiv. Und da ich beide „Berufsgattungen“ in mir vereine, empfinde ich den Monat Dezember oftmals als besonders anstrengend.
Es war vor einigen Jahren, als ich an meinem Geburtstag besonders im Stress war. Den ganzen Tag war ich am Rotieren, hetzte von einem Termin zum anderen, fand kaum Zeit, um mit meinen Liebsten zusammen zu feiern, die sich trotzdem alle erdenkliche Mühe gaben.
Erst am Abend wurde mir bewusst, wie erschöpft ich war. Und ich dachte: Eigentlich schade, dass ich meinen Geburtstag nicht wirklich geniessen konnte. Und dann beschloss ich, das nachzuholen. Ich nahm mir vor, von jetzt an jeden Tag ein bisschen Geburtstag zu feiern. Ganz für mich alleine, nur ganz kurz, irgendeinen Moment lang innehalten, mir ein paar Minuten Ruhe gönnen, tief durchatmen und einfach den Augenblick geniessen und, ja, auch ein bisschen feiern.
Jeden Tag Geburtstag feiern, das heisst, mir jeden Tag das Geschenk des Lebens bewusst zu machen und dankbar dafür zu sein, dass ich auf der Welt bin. Und sei es auch nur, indem ich im allergrössten Stress in Ruhe eine Tasse Tee trinke.
„Was, sogar im allergrössten Stress???“, fragte mich eine Klientin ungläubig, als ich ihr in der Supervision genau dies erklärte. Ja, sogar im allergrössten Stress und gerade dann. Und wenn diese paar Minuten wirklich nicht aufzubringen sind – ich weiss, es gibt solche Tage – dann ist es zumindest wichtig, sehr aufmerksam mit sich selber umzugehen. Zwischendurch in sich hineinzuspüren mit der Frage: Was brauche ich, was braucht mein Körper, meine Seele, damit ich diesen Tag durchstehe? Damit es mir trotzdem noch gut geht? Auch das kann ein kleines bisschen Geburtstag bedeuten.
Ich wünsche euch allen einen wunderschönen Geburtstag. Jeden Tag.