Diario Bolognese – 9. Tag

San Luca

Im Italienischkurs haben wir auf heute die Aufgabe bekommen, über ein Buch oder einen Film mit Bezug zu Italien zu sprechen. Meine Wahl fiel spontan auf das Buch „Ich sollte der Nächste sein“ von Leoluca Orlando, dem Bürgermeister von Palermo. Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt, als ich es vor ein paar Monaten gelesen habe.*
Die Lehrerin ist sehr erstaunt darüber, dass mich dieser Mann so interessiert. Sie selber scheint ihn kaum zu kennen. Nachdem ich aber meinen kurzen Vortrag über seinen Kampf gegen die Mafia und den von ihm eingeleiteten „Primavera di Palermo“ gehalten habe, fragt sie nach dem italienischen Originaltitel des Buches, sie möchte es gerne selber lesen.

Da das Wetter endlich besser geworden ist, steht heute Nachmittag der Ausflug zu San Luca an.

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Die Kirche San Luca liegt auf einem Hügel über Bologna. Der Weg dort hinauf führt durch den längsten Arkadengang der Welt, der fast 4 km lang ist und durch (ausgerechnet!) 666 Bögen gesäumt ist. Es ist ein Wallfahrtsort, da sich in der Kirche eine Madonnen-Ikone aus Konstantinopel befindet, die angeblich schon eine Regenzeit beendet haben soll. Um die Ikone, die jedes Jahr in die Stadt hinuntergetragen wird, vor Regen zu schützen, wurde dieser Bogengang gebaut.

Auch heute noch scheint dieser Ort ein beliebter Pilgerort zu sein. Man sieht einige Leute mit schweren Rucksäcken, an denen seitlich der berühmte Pilgerbecher herabhängt, dort hinauflaufen. Andere joggen hinauf. Es gibt aber auch Leute, die es sich nicht einmal auf diesem Weg verkneifen können, lautstark zu telefonieren.
Da ich wegen meiner Erkältung nicht sicher bin, ob mir der Weg zu Fuss hinauf nicht zu mühsam ist, fahre ich mit dem Touristenbähnchen nach oben. Hier geniesse ich die Aussicht auf Bologna und auf Hügel, hinter denen, wie mir gesagt wird, bei klarem Wetter der Blick bis nach Modena und Florenz reichen soll.

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In der Kirche selber findet gerade eine Messe statt, so dass ich keinen Blick auf die Ikone werfen kann. Aber ich hatte mich ja vor allem darauf gefreut, dort oben an einem lauschigen Plätzchen gemütlich einen Tee zu trinken. Die „Cafeteria“ entpuppt sich jedoch als nicht sehr einladend.

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Daneben gibt es nur noch einen Laden mit Sakralobjekten. Kurz: Der Ort strahlt pilgerische Askese aus. Für Pilger darf das Leben offenbar nicht allzu genussvoll sein.
Mein persönlicher Pilgerweg durch den Arkadengang führt mich schliesslich nach unten in eine Bar in der Altstadt.


*siehe dazu meinen Blogbeitrag https://nicolesblog.net/2019/02/10/anmache-auf-palermitanisch/

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