Diario Bolognese – 5. Tag

Caro amico ti scrivo…

Die erste Woche ist um. Einige der SchülerInnen werden verabschiedet.
Ich bin froh, dass ich zwei Wochen gebucht habe. In nur einer Woche hätte ich fast nichts lernen können. Jetzt habe ich mich gerade erst akklimatisiert und beginne, in die Sprache hineinzufinden. Bislang ist mir das Sprechen eher schwergefallen.

Am Nachmittag gehe ich nochmal in die Altstadt und besichtige das antike Universitätsgebäude. Das Archiginnasio hat einen wunderschönen antiken Anatomiesaal. Die Wände sind mit Holz verkleidet, Statuen von Ärzten aus der Antike zieren den Saal. Am Katheter befinden sich zwei Holzskulpturen, an welchen die Erkenntnisse der anatomischen Studien sichtbar sind.2019-04-12 17.04.34

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In der Sela Stabat Mater sind lange Bücherregale mit alten Büchern der einzelnen Fakultäten zu finden. Die Wände sind mit den Familienwappen zahlreicher Professoren und Studenten aus der Geschichte der Universität verziert.
Diese uralte Universität, an der unter anderem Dante, Petrarca, Kopernicus sowie die erste Professorin Laura Bassi lehrten, ringt mir Respekt ab. Auch ich habe studiert und von den Forschungen und Erkenntnissen früherer Generationen profitiert. Und ich gehöre zu einer der ersten Generationen, in denen mir als Frau der Zugang zu diesem Wissen problemlos möglich war. Ich habe sehr gerne studiert. Noch heute ist es ein wichtiger Teil meines Lebens, mir immer wieder neues Wissen anzueignen, zu lesen und zu lernen.

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Wieder auf der Strasse, bewege ich mich in Richtung der Via D’Azeglio, für mich ist sie einfach die Lucio-Dalla-Gasse. Hier wurde der Text eines Liedes des 2012 verstorbenen Cantautore als Weihnachtsbeleuchtung aufgehängt und glücklicherweise bis jetzt hängen gelassen. Ich höre mir das Lied an, das ich natürlich nicht zufällig auf mein Handy geladen habe und wandere dazu durch die Gasse. Auch das Lucio-Dalla-Haus befindet sich hier. Leider ist die Besichtigung des Hauses über Monate im Voraus ausgebucht.

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Ich finde es schön, dass Bologna seinem berühmtesten Cantautore solche Ehre macht.

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Diario Bolognese – 4. Tag

Uniquartier

Der Sprachkurs ist anstrengend, aber auch interessant.
Ich sitze zwischen den zwei Russinnen, die sich zwischendurch auf Russisch unterhalten. Dem Lehrer gefällt das nicht, aber ich sage nur, wie schön, dann lerne ich gleich auch noch Russisch dazu. Mir bleibt meistens nichts anderes übrig, als mit den Leuten Italienisch zu reden.

Am Nachmittag erkunde ich noch einmal genauer die Altstadt.
Ich spaziere durch das Uniquartier. Die Universität Bologna, gegründet im Jahr 1088, ist die älteste Universität Europas. Heute findet man dort noch so richtige Uni-Atmosphäre, so wie bei uns in den 70er und 80er Jahren, mit antifaschistischen Sprüchen an den Wänden und teilwiese sehr kunstvollen Graffities.

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Auf einer Piazza hocken die Studierenden einfach auf dem Boden. Ich werde fast nostalgisch.

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Hier sehe ich auch zum ersten Mal einen Fahrradweg.

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Auf dem Rückweg verlaufe ich mich heillos in den verwinkelten Gassen. In einer trostlosen Bar trinke ich zwischendurch einen Tee und fühle mich tatsächlich etwas verloren. Ich frage mich, ob es wirklich so eine gute Idee war, alleine zu verreisen. Doch danach finde ich die Orientierung wieder und es macht mir wieder Spass, durch Bologna zu laufen.

Gegen Abend flüchte ich mich vor einem Regenschauer in eine kleine Bar, in der wunderschöne Musik von Ennio Morricone läuft. Ich esse ein Sandwich und bin mit mir, der Welt und Italien wieder versöhnt.