Bleibend Schönes

Ich würde so gerne einmal etwas bleibend Schönes schaffen. Etwas, das man aufstellen oder aufhängen kann, betrachten und berühren, etwas, das Bestand hat über Jahre und Jahrzehnte hinaus. Etwas, das auch noch da ist, wenn es mich schon lange nicht mehr gibt. Ich würde so gerne einmal ein Bild malen, das auch später noch irgendwo hängt. Ein Kunstwerk schaffen, das auch in vielen Jahren noch von den Leuten bestaunt wird. Meinetwegen auch eine schöne Kür laufen oder einen Tanz aufführen, der auch später noch auf Youtube betrachtet werden kann. Oder ein Musikstück komponieren, das auch von späteren Generationen noch gesungen und gespielt wird. Oder ein Buch schreiben, in dem man blättern kann und das auch viele Jahre später noch in den Regalen der Bibliotheken vorhanden ist.

Aber alles, was ich in meiner Kreativität erschaffen kann, gehört dem Augenblick. Ich kann etwas schreiben, das vielleicht von ein paar Leuten gelesen und dann vergessen wird. Das schon bald auf dem Altpapier-Stapel landet, sofern es überhaupt gedruckt wurde. Das mit einem Mausklick gelöscht werden kann. Das in der Facebook-Timeline schon nach einem Tag verschwunden ist.

Oder Worte, die ich spreche: Vielleicht werden sie gehört. Aber wie lange haben sie Bestand? „Danke, Frau Pfarrerin, für Ihre schönen Worte“, wird mir manchmal gesagt. Sind sie nachhaltig? Verändern sie etwas in dem Menschen, der sie gehört hat? Machen sie ihn nachdenklich? Bringen sie ihn weiter in den Fragen seines Lebens? Oder waren es einfach doch nur „schöne Worte“, für die man sich aus Höflichkeit bedankt? Die einem nur bestätigen in dem, was man sowieso schon immer wusste und dachte? Die man nach Verlassen der Kirche sofort wieder vergessen hat?

Ich kann weder malen noch bildhauen noch komponieren. Ich bin auch keine Eiskunstläuferin oder Tänzerin. Auch ein Buch habe ich nicht geschrieben. Es ist mir beschieden, Dinge zu erschaffen, die flüchtig sind. Vergänglich. Die nur dem Augenblick gehören und vielleicht nicht einmal ihm. So bleibt mir nichts anderes übrig, als den jeweiligen Moment zu füllen mit meinen Worten, meinen Handlungen und meiner Präsenz und dabei weiterhin zu versuchen, mein Bestes zu geben. Wenn es auch wenig Resonanz dafür gibt – wer weiss schon, ob ich damit nicht vielleicht doch irgendwelche Spuren hinterlasse und wie nachhaltig es schlussendlich sein wird.

Und doch: Ich würde so gerne einmal etwas bleibend Schönes schaffen.